Dienstag, 2. August 2016

Welcome to earth! Plädoyer für eine klare Ansprache

Hat es ihn wirklich gegeben, den Anruf? Ein Hauptkommissar berichtete dem Ausschuss, der die Geschehnisse der Silvesternacht in Köln untersuchen soll, am Neujahrstag habe ein Beamter der Leitstelle in der Kölner Kriminalwache angerufen und harsch gefordert, die Nachricht über die Vergewaltigung einer jungen Frau in der Silvesternacht aus der „WE“-Meldung(Meldung wichtiger Ereignisse) zu streichen.

Es ist noch immer nicht bekannt, wer der Anrufer war und ob es ein solches Ansinnen tatsächlich gegeben hat. Doch kaum einer, der in den letzten Monaten mit einem Mitglied unserer Ordnungshüter gesprochen hat, dürfte so etwas für gänzlich unplausibel halten. Es gibt längst einen inoffiziellen Maulkorberlass, wonach möglichst nichts Strafbewehrtes an die Öffentlichkeit gelangen soll, an dem, um es ganz vorsichtig auszudrücken, mutmaßliche Täter beteiligt sein könnten, die einen mutmaßlichen Hintergrund haben, der nicht als urdeutsch anzusehen ist.

Wie der Maulkorb begründet wird? Wahrscheinlich gar nicht, aber jeder hat ja bereits von einem unserer Politiker gehört, dass man vor allem dafür sorgen müsse, dass „die Rechten“, vulgo: die biodeutschen Rechten, hier nichts „instrumentalisieren“ können.

Der Zorn ausführender und ausputzender Organe bei der Polizei über diese Verschleierungstaktik dürfte mittlerweile enorm sein. Gerade jene, die es für nötig halten, zu betonen, dass sie nicht „rechts“ sind und die sich bemühen, ihren Ärger in eine möglichst keinen Anstoß erregende Sprache zu kleiden – und deren Sätze übrigens nie mit diesem albernen „das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ enden – fühlen sich tief in ihrer Ehre getroffen. Sie verstehen nicht, warum sie leugnen müssen, was für sie erlebter Alltag ist: sie begegnen nicht nur hoher Kriminalitätsneigung, sondern auch höchster Respektlosigkeit auf Seiten junger Männer, die auf welcher Route auch immer in den vergangenen Jahren nach Deutschland gelangt sind. Ihrer habhaft zu werden ist nicht leicht, sie zur Rechenschaft zu ziehen noch weniger. 

Vor Gericht erfahren sie Milde, sofern sie überhaupt dorthin gelangen, was sie im Gefühl bestärkt, in Deutschland im Paradies leben, wo ihnen alles erlaubt ist.

Ein Polizist jedoch, der auch nur die Waffe zieht, muss mit einer langen und überaus gründlichen Überprüfung rechnen. Wir lassen uns in einem Rechtsstaat keine obrigkeitsstaatliche Willkür nachsagen. Das ist auch gut so, es setzt allerdings etwas voraus, das derzeit nicht mehr selbstverständlich ist: dass sich nämlich die meisten Bürger im Prinzip darüber einig sind, dass die Gesetze für alle gelten und dass Anstand der Normalzustand ist.

Auf Menschen aber, die dort, wo sie herkommen, Gewalt als Normalzustand erleben, die keine rechtsstaatlichen Strukturen kennen oder gar einen Staat, vor dem sie Respekt haben können, wirkt die hiesige Polizei offenbar wie eine Ansammlung von Schießbudenfiguren, auf die man fröhlich draufhalten kann, sie dürfen sich ja nicht wehren. Der Rechtsstaat? Ein Papiertiger. Im besten Fall bietet er ein langatmiges Procedere an, das man sich nutzbar machen kann, etwa, um eine Abschiebung so lange wie möglich hinauszuzögern.

Für einige ist das, was wir zu schätzen gelernt haben, die Errungenschaften einer zivilen Gesellschaft nämlich, ein Zeichen für Verweichlichung und Dekadenz. Die Silvesternacht in Köln hat das in aller Fülle demonstriert.

Unter Honecker wäre das nicht passiert? Unter Erdogan auch nicht. (Ironie off)

Nun ist die deutsche Polizei im Ernstfall mitnichten schäfchenweich. Und doch tritt sie öffentlich anders auf als noch vor zwei, drei Jahrzehnten. Bei den in der Studentenbewegung und deren radikalisierten Nachfolgesekten sozialisierten Grünen stand jahrelang die Abschaffung des „Gewaltmonopols des Staates“ im Programm – ein Missverständnis, das sich gewiss auch der Erinnerung an die Prügelexzesse der „Bullen“ etwa beim Besuch des persischen Schahs 1967 in Berlin verdankt. Eines der Opfer: der Student Benno Ohnesorg, offenkundig anlasslos in den Hinterkopf geschossen von einem Kriminalobermeister namens Karl-Heinz Kurras. Der entpuppte sich später als Mitglied der SED und inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Ob er einen Auftrag erhalten hatte, etwas zu tun, was zur Eskalation beitragen und die „BRD“ als Polizeistaat erscheinen lassen würde, bleibt Spekulation. Doch es würde passen. Die radikalen Studenten dürften vielen Politikern als „5. Kolonne“ der DDR erschienen sein, dem Gegner jenseits der Mauer, von dem man wusste, dass er sich mit großer Energie in die inneren Angelegenheiten Westdeutschlands einmischte, dass er im Westen nicht nur inoffizielle Mitarbeiter, sondern auch jede Menge Mitläufer anwarb und Desinformationskampagnen betrieb, die keineswegs wirkungslos blieben. Dazu gehörte, den westdeutschen Staat als von Altnazis betriebenes Gewaltregime hinzustellen.

Es ist bekannt, dass die SED nicht nur mit Geld und guten Worten in die Studentenbewegung und nicht zuletzt in die Terrorsekten RAF und Bewegung 2. Juni hineinwirkte. Doch die wenigsten, die damals eher unpolitisch mitdemonstrierten und die sich nun einem offenbar unverhältnismäßig tobenden „Bullenstaat“ gegenüber sahen, vermochten Verständnis dafür zu entwickeln, dass man in ihnen den politischen Gegner niederknüppelte. Der Flurschaden, den das „Durchgreifen“ der Obrigkeit bewirkte, war anhaltend und enorm.

Nicht nur bei den Niedergeknüppelten blieb hängen: Gegen einen „Polizeistaat“ darf man Widerstand leisten. Die Schrumpfform dieses Gedankens animiert noch heute die Antifa, wo man sich, ganz im Sinne der Vorväter von 68ff.,  die Bullen platt wie Stullen wünscht.

Ein grobes Missverständnis, bei den Grünen mittlerweile stillschweigend korrigiert. Denn das staatliche Gewaltmonopol ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die man hochhalten sollte, angesichts von Bürgerkrieg und bürgerkriegsähnlichen Zuständen in all den „failed states“ in näherer oder fernerer Nachbarschaft. Dass nur der Staat das Recht hat, sich des Mittels physischer Zwang zu bedienen, ist die letztendliche Garantie rechtsstaatlicher Verfahren. „Gewaltmonopol“ heißt ja nichts anders, als dass niemand das Recht in die eigenen Hände nehmen darf, dass Blutrache und Familienfehde, Duell und Lynchjustiz ausgeschlossen sein müssen. Selbst Notwehr gilt heutzutage nur in sehr eingeschränktem Maß als legitim – eine Empfindlichkeit, die sich allerdings nur ein Gemeinwesen leisten kann, in dem es ein Höchstmaß an Sicherheit im öffentlichen Raum gibt.

Die Geltung des staatlichen Gewaltmonopols ist nicht voraussetzungslos. Und: Sie hängt davon ab, dass es im Ernstfall auch ausgeübt werden kann.

Die Zweifel daran wachsen. Ein Staat, dessen Regierung lauthals verkündet, dass man seine Grenzen nicht schützen könne; eine Regierung, die ein freundliches Gesicht zeigen will, aber nicht dafür sorgt, dass man weiß, wer und warum in dieses Land einwandert, und Politiker, die sich der Tatsache nicht gewachsen zeigen, dass Menschen aus anderen Kulturkreisen ein Verhalten an den Tag legen, das man hierzulande nicht gewohnt ist und nicht gewohnt sein will, tragen, höflichst gesagt, nicht zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bei.

Ich wünsche mir die Zeiten nicht zurück, als deutsche Polizisten in allem, was sich ein wenig allzusehr bewegte, rotes Gesindel und Gelichter zu sehen hatte, was es gnadenlos niederzuknüppeln galt. Ich glaube allerdings ebenso wenig, dass ein freundliches Gesicht der Kanzlerin, hohe Kommunikationskompetenz der Polizei und verschärfte Sensibilität für Täterpsychen ausreichen, um ein Zeichen zu setzen, das auch in weniger sensibilisierten Kreisen ankommt.
So in etwa: „Kommst du mir blöd, bist du raus.“ Die Härteren sagen sonst womöglich gleich „Welcome to earth“.

Zuerst auf wiwo online, 




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